Ukraine – unsere Hilfe vor Ort


Offenes Dorf Nischnje Selischtsche

Sofortige und langfristige Hilfe

  •  Unterstützung der solidarischen Kantine
  • (kostenlose Mahlzeiten für Geflüchtete und bedürftige Dorfbewohner*innen)
  • Unterkünfte für den temporären Aufenthalt von Geflüchteten
  • Abgabestelle für Gratiskleider und Medikamente
  • Materielle und finanzielle Unterstützung von Familien, die sich längerfristig im Dorf nieder­lassen wollen.
  • Entwicklung wirtschaftlicher Aktivitäten zur Integra­tion von Geflüchteten (Dorfladen, Mühle, Bäckerei, Erwerb von Landparzellen für Gemüseanbau)

Pro Longo maï - Ukraine – unsere Hilfe vor Ort

Offenes Dorf Nischnje Selischtsche

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Seit über einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine. Der Kriegsverlauf mag sich wenden - die Not der Zivilbevölkerung bleibt. Viele Ukrainer*innen sind aus ihrer Heimat vertrieben worden, die Versorgungslage im Land ist schwierig und die anhaltenden kriegerischen Konflikte verschärft die ohnehin schon prekäre Lage noch zusätzlich. Viele Menschen leben in beschädigten Häusern und flüchten ununterbrochen aus den umkämpften Gebieten im Osten des Landes. Die Notunterkünfte reichen bei Weitem dem anhaltendem Bedarf nicht aus. Die Strom- und Energieversorgung in der ganzen Ukraine wurde gezielt bombardiert und es muss überall Hand angelegt werden. Deshalb sind und bleiben Initiativen von Freiwilligen und NGOs von grosser Wichtigkeit, um die Versorgung der Bevölkerung im Land mit dem Nötigsten zu gewährleisten.

 

Bild Winterlandschaft mit Fluss © Andrea Mantovani

 

Longo maï in der Ukraine - und in Rumänien

Die Europäische Kooperative Longo maï ist seit über dreissig Jahre in der Region Transkarpatien im westlichen Teil der Ukraine präsent. Die Genossen­schafter*innen von Longo maï leben und arbeiten in dem Karpatendorf Nischnje Selischtsche auf zwei Höfen, die sie aufgebaut haben. Um der Abwanderung junger Menschen aus der Region entgegenzuwirken, initiierte Longo maï seit den 1990er Jahren zahlreiche Projekte im Bereich der ländlichen Entwicklung und des kul­turellen Austausches. Auch in zivilgesellschaftlichen Initiativen sind die Genossenschafter*innen aktiv. So sind sie beispielsweise seit 2016 stark in der Bewegung «Free Svydovets» engagiert. Diese Bewegung setzt sich ein gegen Kahlschläge, Naturzerstörung und ein überdimensionierte Ski-Resorts in den Karpaten und die Entwicklung der Landwirtschaft, Ökotourismus und unterstützt traditionelle Bewirtschaftung in der Gegend. Umweltaktivist*innen dieser Bewegung und andere engagierte Menschen bilden heute gemeinsam mit den Mitgliedern der Longo maï-Kooperative die Basis eines Netzwerkes, das humanitäre Hilfe in der gesamten Ukraine leistet. Aufgrund der geographischen Lage wurde die Region Transkarpatien bisher kaum angegriffen. Daher sind viele Geflüchtete aus den umkämpften Gebieten hierherge­kommen und viele Transporte mit humanitärer Hilfe aus dem Ausland kommen hier durch. Zeitweise hat Nischnje Selischtsche, ein Dorf das 3000 Einwohner zählt, bis zu 1500 Geflüchteten Unterkunft gewährt. Viele sind nach Westeuropa weitergereist, andere suchten vorübergehend Zuflucht und sind in ihre Heimat zurückgekehrt. Doch viele müssen sich darauf einstellen, hier ihr Leben neu zu gestalten, da eine Rückkehr nicht möglich ist. Die Longo-maï-Kooperateur*innen in der Ukraine sind aktiv in der Betreuung der Geflüchteten vor Ort tätig. Gemeinsam mit Verstärkung aus anderen Longo maï-Kooperativen und Freiwilligen planen sie den Ausbau der lokalen Infrastrukturen, um langfristig eine Perspektive für diejenigen zu schaffen, die hier zusammen mit den Dorfbewohnern eine neue Lebensgrundlage suchen.

Bilder © Andrea Mantovani

Auch betreibt Longo maï nicht nur die oben erwähnte Kooperative im ukrainischen Transkarpatien, sondern auch einen Hof im Dorf Hosman, nahe von Sibiu, in Rumänien. Die Gruppe dort engagiert sich stark für regionale Produkte, Frauenförderung und den Schutz der historischen offenen Landschaft im rumänischen Siebenbürgen. Nur 500 Kilometer von der ukrainischen Longo­maï-Kooperative entfernt wurden schon kurz nach dem Kriegsausbruch im Februar 2022 erste Hilfsgüter - Matratzen, Kleider, Medikamente - aus Hosman über die Grenze gebracht. Diese Fahrten wurden während mehrerer Wochen zu einer Routine und die Kooperative dient auch heute noch als wichtige logistische Plattform für die humanitäre Hilfe in Richtung Ukraine.

Das Engagement von Longo maï seit Kriegsausbruch

Dank der Spenden aus der Schweiz konnten mehrere Kleinbusse in die Ukraine geliefert und an Freiwilligen­gruppen im Osten der Ukraine übergeben werden. So konnten Fluchtwillige schnell und unbürokratisch aus den bombardierten Gebieten evakuiert werden. Die Transporte werden meistens von Ukrainer*innen organisiert und durchgeführt, die selbst interne Geflüchtete sind und sich gut auskennen. Seit Ausbruch des Krieges besteht in der Ukraine ein grosser Bedarf an Hilfsgütern. Die Kooperateur*innen in Nischnje Selischtsche stellen regelmässig Listen über das dringend Benötigte zusammen. Unzählige Transporte von Freiwilligen bringen das Material in den Westen der Ukraine, wo in der Stadt Chust ein Lager zur Sortierung und zum Weitertransport humanitärer Hilfsgü­ter eingerichtet wurde. Von dort aus starten regelmässig Transporte in die Nähe der Kriegsgebiete.

Das Restaurant von der Käserei wurde umfunktioniert zu einer Kantine, in der die Geflüchteten gratis versorgt werden.

Viele der Geflüchteten haben ihr Zuhause verloren oder können nicht mehr heimkehren, weil ihre Region von den russischen Truppen besetzt ist. Die vielen Menschen mussten - und müssen immer noch - im Dorf untergebracht und verköstigt werden. Die Schulen des Dorfes waren die ersten Unterbringungsmöglichkeiten der Geflüchteten. Da die Schulen aber wieder geöffnet werden mussten, hat Longo maï gemeinsam mit dem Komitee für medizinische Hilfe in Transkarpatien (CAMZ) eine neue Unterkunft für geflüchtete Familien in der alten Gemeindeverwaltung des Dorfes eingerichtet. Die Hälfte des Gebäudess ist mittlerweile saniert und bietet Platz für mehrere Familien. Die Renovierung der andere Hälfte ist bis Ende dieses Jahres in Planung. Ein von Longo maï vor wenigen Jahren miteröffnetes Restaurant wurde in eine solidarische Kantine umgewandelt, in der ein gemeinsames Team aus Dorfbewohner*innen und Geflüchteten die Mahlzeiten zubereitet. In den ersten Monaten nach Kriegsausbruch wurden über dreihundert Mahlzeiten pro Tag serviert, heute sind es täglich 30 Mahlzeiten, die für die Flüchtlinge zur Verfügung stehen. Pro Longo maï unterstützt auch Fami­lien aus dem Dorf, die in ihren Wohnzimmern Platz für Geflüchtete gemacht haben. Seit dem Ausbruch des Krieges sind die Preise für die Grundversorgung stark angestiegen und viele Familien haben Mühe, über die Runden zu kommen. Angesichts der schwierigen Versorgungslage in der Ukraine war es neben der dringend benötigten Essensverteilung wichtig, die lokalen Bergbauer*innen zu unterstützen. Longo maï hat die Lieferung von mehreren Tonnen Bio-Saatkartoffeln und Mais-Saatgut in die Region organisiert, das von hunderten von Kleinbäuer*innen und -bauern angebaut wurde. Mittlerweile sind auch zwei grosse Gewächshäuser realisiert worden, die für die Anzucht von Pflanzen genutzt werden und in denen die Flüchtlinge ihr eigenes Gemüse anbauen können. Ein weiterer Schritt zum Ausbau der lokalen Selbstversorgung besteht in der Planung einer kleinen Gemüse- und Obstverarbeitenden Konserverie. Eine ehemalige Autowerkstatt in unmittelbarer Nähe zu den Gewächshäuseren wird demnächst Platz machen und zukünftig die nötigen Verarbeitungsmaschinen beherbergen.

Das Dorf Nischnje Selischtsche ist bekannt für seinen Käse aus der kleinen Käserei, die Longo maï vor 27 Jahren als lokales Entwicklungsprojekt mit aufgebaut hat. Etwa 200 Kleinbäuerinnen und -bauern aus Nischnje Selischtsche und umliegenden Dörfern liefern ihre Milch an die Käserei - oft in Kleinstmengen von wenigen Litern. Obwohl der Käseverkauf mit Kriegsbeginn zusammenbrach, hatte Pro Longo maï kurzfristig beschlossen, den Kauf der Milch bei den Produzenten finanziell zu unterstützen. Die Bäuerinnen und Bauern erhielten weiterhin ein Einkommen und die Käserei belieferte Kantinen, in denen Geflüchtete umsonst eine Mahlzeit erhielten. Mittlerweile ist die Produktion wieder gut angelaufen und der Käse wird erneut über das Verkaufsnetz vertrieben. Die Käserei konnte nach anfänglichen Schwierigkeiten heute wieder eigenständig weiterarbeiten.

Die Kooperateur*innen von Longo maï planen und setzen die nächsten Schritte vor Ort um.

Bild Ausladen von Hilfsgütern © Andrea Mantovani

Wie weiter?

Angesichts der mehr als unsicheren Lage in der Ukraine stellt sich die Frage, wie der Zivilgesellschaft in diesem Land in den nächsten Jahren geholfen werden kann. Neben dem Engagement für die Evakuationen aus Kriegsgebieten und dem Transport und der Koordination humanitärer Hilfe möchte Longo maï das tun, was die Bewegung seit der Gründung vor bald 50 Jahren macht: Regionen, die durch Abwanderung bedroht sind, neu zu beleben. Die Ankunft der vielen Menschen im ländlichen Transkarpatien kann auch als eine Chance gesehen werden. In der Umgebung von Nischnje Selischtsche gibt es mehrere verlassene Häuser, die nur auf eine Familie warten, um den Wänden wieder Leben einzuhauchen. Longo maï engagiert sich daher in Projekten, das denjenigen, die nicht mehr in ihren Landesteil zurückkehren können oder wollen und in Transkarpatien bleiben möchten, eine Perspektive bieten soll. Die ukrainische Regierung verkündet, Siedlungen mit Sozialwohnungen für die Binnenflüchtlinge zu bauen. Es ist jedoch zu befürchten, dass diese Siedlungen zu Ghettos werden und den Bewohner*innen keine tragfähige Zukunft bieten werden. In Nischnje Selischtsche wird ein anderer Ansatz verfolgt.

Das Einbeziehen der Geflüchteten in die landwirtschaftliche und handwerkliche Arbeit und Ausbau von winterfesten Unterkünften. 

Offenes Dorf Nischnje Selischtsche

Das Projekt beabsichtigt, das Dorf zu öffnen und den Geflüchteten, die hier einen Neuanfang suchen, eine wirkliche Perspektive zu bieten. Die Familien sollen nicht nur ein Dach über dem Kopf erhalten, sondern ein Zuhause, eine wirtschaftliche Perspektive und die Start­hilfe für den Aufbau eines neuen Lebens in der Region.

An Ideen und Erfahrung für interessante und wirtschaftlich tragfähige Aktivitäten fehlt es nicht. In erster Linie sind Aktivitäten geplant, die mit der Berglandwirtschaft in Verbindung stehen: eine Mühle, um regional produziertes Getreide zu mahlen, eine Bäckerei, um das gemahlene Mehl zu verarbeiten, eine kleine Konserverie zur Verarbeitung der Gemüse- und Obsternten, ein Dorfladen, wo das lokal produzierte Brot und die Konserven verkauft werden können. Je nach Talent und Berufsqualifikation können später aber auch andere handwerkliche Tätigkeiten hinzukommen.

Es ist wichtig, auch in dieser angespannten Situation die Gedanken in die Zukunft wandern zu lassen! In der Zwischenzeit muss aber auch die Soforthilfe für die Geflüchteten in den nächsten Monaten unbedingt weitergeführt werden. Die im Dorf wohnhaften Geflüchteten müssen finanziell und materiell unterstützt werden, bis sie eine neue Einkommensquelle gefunden haben. Auch sind weitere Unterkünfte für den temporären Aufenthalt von Geflüchteten erforderlich. In den nächsten Monaten können weitere Menschen aus den Gefahrenzonen nach Transkarpatien kommen. Der Betrieb der solidarischen Kantine soll weiter aufrechterhalten werden. In ihr können auch bedürftige Dorfbewohner*innen eine kostenlose Mahlzeit erhalten. Auch andere Dorfbewohner*innen brauchen Solidarität, damit sie weiterhin selbst grosszügig sein können. Die bevorstehenden Monate sind bei allen ein Quell von Sorgen: die beheizbaren Unterkünfte, die Stromversorgung ....

Zusammen mit ukrainischen und westeuropäischen Freund*innen werden sich die Genossenschafter*innen von Longo maï auch in der Zukunft konsequent dafür einsetzten, um die Not der Zivilbevölkerung in der Ukraine zu lindern. Sie wollen aber auch helfen, die Ukraine von morgen wiederaufzubauen. Das Projekt «Offenes Dorf Nischnje Selischtsche» soll ein Pilot­projekt werden, das auch andere Gemeinden in der Ukraine inspiriert!

Für die Direkthilfe in der Ukraine haben wir den Spezialfonds « Ukraine – Dringende Hilfe vor Ort » geschaffen.  Wir danken Ihnen für jede Unterstützung. Wenn Sie Stiftungen oder Institutionen kennen, die wir kontaktieren könnten, teilen Sie uns dies bitte mit. Wir schicken gerne unser ausführliches Dossier "Direkthilfe in der Ukraine".

 


Interview mit Oreste de Sol von Longo maï, Zeleny Hay, Transkarpatien, über die aktuelle Bedeutung von Saatgutlieferungen zur Aufrechterhaltung der lokalen Produktion und Unterstützung der Kleinbauern:

Varosh Mag, (Originalsprache ukrainisch, Untertitel englisch):

https://www.youtube.com/watch?v=-2YYudNc5FI

 


Artikel von Euractiv vom 22. April 2022: Kleinbauern: Die unbekannten Helden des Ukraine-Kriegs

https://www.euractiv.com/section/agriculture-food/news/small-farmers-the-unsung-heroes-of-the-ukraine-war/

 Deutsche Version siehe am Ende des Artikels

 

Publikationen von medico international :

Aktuelle Erlebnisberichte zur Situation im Dorf Nischnje Selischtsche und den Aktivitäten der Kooperative Zeleny Hay in Transkarpatien:

https://www.medico.de/blog/trotzige-normalitaet-18618

https://www.medico.de/blog/ein-sicherer-hafen-18619

 

Der Krieg in der Ukraine als Katalysator der bereits bestehenden Umweltprobleme:

https://www.medico.de/blog/krieg-als-katalysator-18620


«Rettet das Swydowets-Massiv vor der Zerstörung»

Protestbrief Swydowets

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Landwirtschaftsnotstand

Wie ein dichter Nebel überdeckte die Coronakrise in der öffentlichen Debatte viele unserer Forderungen und Engagements. Grundlegende Fragen unserer Gesellschaft wurden auf Eis gelegt, so auch die Problematik der Herstellung unserer Lebensmittel.

Heute wird diese von der Agrarindustrie dominiert und von einer Landwirtschaftspolitik gefördert, die Grossbetriebe und somit Monokulturen sowie Massentierhaltung in immer grösseren Einheiten begünstigt. Während vor nicht allzu ferner Vergangenheit die Landwirtschaft natürliche Ressourcen noch erschloss, Ökokreisläufe schuf und zur Artenvielfalt beitrug, zerstört das heute praktizierte agroindustrielle Modell lebenswichtige Ressourcen, verschmutzt Böden, Luft sowie Wasser und verbraucht dabei fast fünfmal mehr Kalorien als es produziert.  weiterlesen ...